Um es gleich vorweg zu nehmen: gebisslos zu reiten ist keine Kunst!
Gebissloses Reiten ist der Beginn einer reiterlichen Ausbildung im Sinne des Natural Horsemanship. Erst wenn der Mensch die grundlegenden Manöver (fast) ohne Hilfsmittel reiten kann, hat er genügend Reife erlangt, um die Verwendung von Gebissen in Betracht ziehen zu dürfen. Meiner persönlichen Meinung nach sind sie generell verzichtbar. So hält denn auch in der Reitkunst das gebisslose Reiten zunehmend Einzug. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die Arbeit des Belgiers Jossy Reynvoet. Er hat als Schüler und lizenzierter Trainer der Akademischen Reitkunst nach Bent Branderup nicht nur dem Horsemanship einen großen Stellenwert eingeräumt, sondern darüber hinaus unter seiner Marke „Bitless Art of Riding“ spezielle Halfter wie das „Cavesal“ (siehe Foto) entwickelt und hergestellt.
Pferde sind anatomisch nicht dafür geschaffen, Menschen auf ihrem Rücken zu tragen. Es schadet ihrem Körper. Die Reitkunst jedoch eröffnet dem Menschen das Wissen und die Fähigkeiten zur Gesunderhaltung des Reitpferdes. Das zweite große Ziel der Reitkunst ist die Präsentation des Pferdes in höchster Perfektion und Anmut. Für den Weg dahin stehen uns zahlreiche Quellen der Inspiration zur Verfügung. So haben die Alten Meister einen Großteil ihrer wertvollen Erfahrungen überliefert. Neueste biomechanische Erkenntnisse stützen deren Richtigkeit. Zeitgenössische Reitmeister hauchen den alten Künsten neues Leben ein.
Wenn wir den Prinzipien des Natural Horsemanship folgen, dann vertreten wir nicht nur dessen ethische Werte, sondern wir erhalten eine unglaubliche Effektivität und Leichtigkeit quasi als Geschenk. Sich der Reitkunst zu widmen und dies ohne mechanische Zwangsmittel wie Gebisse zu tun ist in höchstem Maße – ritterlich.